12. Aug 2024
Die Sanierungsarbeiten der Mehrzweckhalle Mühlhausen schreiten unter Einhaltung strenger Sicherheitsvorschriften weiter voran. Ein Abschluss ist zum Sommer 2025 geplant.
Die Mühlhäuser müssen sich an Männer in weißen Schutzanzügen gewöhnen. Sie bestimmen für die nächsten Wochen das Bild in und um die Gemeindehalle. Denn jetzt geht es zur Sache. Nur die vorbereitenden Arbeiten konnten noch ohne Mundschutz ausgeführt werden, heißt es in einer Mitteilung der Stadtverwaltung. Doch die heute begonnenen Sanierungsarbeiten laufen unter Einhaltung strenger Sicherheitsvorschriften zum Schutz der Mitarbeiter der Firma Steg ab. Die Firma erhielt vom Gemeinderat den Auftrag für die Schadstoffsanierung.
Was wird genau getan?
STEG-Geschäftsführer Hans-Jürgen Kirchhof und Architekt Christian Müller aus Maulbronn von der Werkgruppe Neckar stellten jetzt bei einem kurzfristig vom amtierenden Stellvertreter des Oberbürgermeisters Günter Bächle anberaumten Vor-Ort-Termin die Details der Entgiftung sowie neueste Ergebnisse weiterer Schadstoffuntersuchungen vor. Bächle hatte dazu die Mühlhäuser Stadträte eingeladen, damit diese bei Fragen aus der Bürgerschaft auch sachkundig Auskunft geben können. „Wichtig ist die allumfassende Information, damit keine Gerüchte entstehen“, so der Erste ehrenamtliche Stellvertreter des OB, der den zurzeit urlaubenden Frank Schneider zwei Wochen lang vertritt. Mit dabei der städtische Hochbauchef Joachim Dick sowie sein Mitarbeiter Hansjörg Förnzler sowie die Stadträte Dr. Ulrike Fuchs, Oliver Höhner und Reiner Müller, die die Initiative des vertretenden OB und der Hochbauabteilung der Stadt begrüßten.
Das Objekt:
Die Mehrzweckhalle, ein Betonskelettbau mit ausgemauerten Feldern, wurde in den 1970er Jahren errichtet. Eigentlich sollte das Gebäude jetzt innen saniert werden. Doch bei einer Routineuntersuchung kam Unerwartetes ans Tageslicht: Die Anschlussfugen zwischen den Stahlbetonstützen und dem Mauerwerk sind mit einem elastischen Fugenmaterial gefüllt, das PCB enthält. PCB steht für polychlorierte Biphenyle, eine Gruppe von synthetischen organischen Verbindungen, die früher als Weichmacher, Flammschutzmittel oder Isolierstoffe verwendet wurden. PCB sind jedoch gesundheitsschädlich und umweltschädlich, da sie sich im Körper und in der Nahrungskette anreichern und nur sehr langsam abgebaut werden. Sie können unter anderem Krebs, Schilddrüsenstörungen, Immunschwäche oder Lern- und Verhaltensstörungen verursachen.
Deshalb sind PCB seit 1989 in Deutschland verboten und müssen aus Gebäuden entfernt werden, wenn sie eine bestimmte Konzentration überschreiten. Die Verfugungen an Betonstützen/KS-Mauerwerk sowie an Innentürelementen bestehen aus weichen Thiokolfugen die PCB-haltig sind (sechs und neun Prozent an Stützen und 25 Prozent an Türelementen). Betroffen sind Windfang, Foyer/Garderobe, Vereinsraum, Küche, Halle mit Bühne und Geräteraum, zwei Umkleideräume und Flure.
Möglicherweise sind auch die WCs hinter den Fliesen an Betonstützen verfugt. Asbest wurde an einer kleinen Fläche; vermutlich Schwarzabdichtung unter dem Sportboden vor der Außentüre im Geräteraum festgestellt. Asbest findet sich ebenfalls im schwarzen Voranstrich auf der Bodenplatte der Sporthalle. Oberhalb einer PE-Folie auf dem Boden ist eine alte KMF-Dämmung mit bituminierter nicht asbesthaltiger Papierkaschierung verbaut, die entsorgt werden muss. Der Sportboden muss somit entgegen der ursprünglichen Planung ebenfalls erneuert werden. Die Nut und Federbretter an Decken und Wänden sind nicht mit Holzschutzmitteln belastet und weisen im Querschnitt nur geringfügige Kontaminationen mit PCB auf. Auch die Bühnenvorhänge sind nach neusten Untersuchungen des beauftragten Schadstoffgutachters Roland Blessing nur gering belastet und können als Bauschutt entsorgt werden.
Die PVC-Böden sind sekundär mit PCB kontaminiert. Wandanstriche sind mit PCB über den Luftpfad kontaminiert. Die neuere Prallwand der Halle wird vor Beginn der Arbeiten demontiert und zum Wiedereinbau eingelagert.
Beim Ausbau der Fugen und den derzeit hohen Temperaturen wird das PCB flüchtig, weshalb es gilt, Sekundärbelastungen angrenzender Materialien zu vermeiden. Deshalb werden alle angrenzenden Bauteile mit Folien abgeklebt. Diese Arbeiten dürfen ohne Schutzvorkehrungen ausgeführt werden. Schutzanzüge und Atemmasken sind erst ab dem Zeitpunkt des Ausbaus der PCB-haltigen Fugen vorgeschrieben. Zur Reduktion des PCB-Gehalts der Raumluft werden die Räume mit Gebläsen abgesaugt. Der Luft-Volumenstrom ist abhängig von der Abschnittsgröße, derzeit im 1. Abschnitt mit 5.000m³/h, im weiteren Verlauf bei der Halle min. 10.000m³/h. Für jeden Abschnitt wird eine Schleuse für die Mitarbeiter eingerichtet, für den ersten Abschnitt an der Ausgangstür des Vereinszimmers.
Die PCB-haltigen Fugen werden von einer Fachfirma ausgebaut und fachgerecht entsorgt. Schutzanzüge und Atemmasken schützen die in der Halle tätigen Menschen. Die Arbeiten laufen unter ständiger Überwachung und Messung der PCB-Konzentration ab. Spätestens nach zwei Stunden müssen die Arbeiter eine halbstündige Pause einlegen und ihre Schutzkleidung wechseln.
Diese Sanierung der Gemeindehalle in Mühlhausen sollte voraussichtlich im Dezember 2024 abgeschlossen sein – durch die Beseitigung der bei einer Routineüberprüfung entdeckten Schadstoffe wird es nach heutigem Stand Sommer 2025.
In Kürze: